Anleitung für eine Gehmeditation in der Natur

Die Gehmeditation ist eine Art des bewussten Atmens in Kombination mit beseelten ruhigen Bewegungsabläufen. Sie lässt sich überall in der Natur durchführen – beispielsweise bei einem Waldspaziergang oder an einem anderen ungestörten Ort. Wir zeigen Dir, wie dieses achtsame Gehen funktioniert.

Dauer einer Gehmeditation

Nimm Dir für die Gehmeditation wenigstens eine halbe Stunde Zeit, besser noch wäre eine Stunde, gerade beim ersten Mal ist es besser mehr Zeit einzuplanen. Wenn Du die Gehmeditation schon öfters praktiziert hast, wirst Du sehen, dass eine Dauer von 15 Minuten auch schon ausreichend ist, um Dich vollkommen zu entspannen und Dein Nervensystem zu regulieren.

Gehmeditation als Meditationstechnik

Wenn Du die Gehmeditation während Deiner Ayurveda Morgenroutine oder im Laufe des Tages durchführst, ist sie wie ein Kurzurlaub für Körper und Seele. So bekommst Du den Kopf frei und kannst ganz entspannt und mit frischer Energie in die zweite Tageshälfte starten. Auf diese Weise lässt sich die Gehmeditation beispielsweise sehr gut zwischen Arbeit und der Hausarbeit oder nach einem wichtigen Meeting praktizieren.

Selbstverständlich kannst Du diese Meditationstechnik auch am Abend durchführen. Dann hilft sie Dir abzuschalten und die Ereignisse des Tages zurückzulassen und einer erholsamen Nachtruhe steht ebenfalls nichts im Wege.

Vorbereitung der Gehmeditation: Der richtige Ort

Diese Meditation kannst Du eigentlich überall in der Natur machen. Wichtig ist, dass Du ungestört bist und nicht durch Lärm oder andere Menschen abgelenkt wirst. Vielleicht kennst Du einen schönen Waldweg oder Du spazierst einen Bach oder See entlang. Wenn Du einen großen Garten hast, kannst Du auch gerne dort meditieren. Natürlich kannst Du auch in einem Raum üben, achte aber darauf, dass Du Dich frei bewegen kannst.

Gerne kannst Du die Wanderung auch barfuß machen, wichtig ist aber hierbei, dass Du Dich wohlfühlst. Bequeme Schuhe sind auf jeden Fall empfehlenswert!

Wenn Du bereit bist, mit der Gehmeditation zu starten, kannst Du zuerst eine kleine Erdungsübung machen:

Stelle Dich mit beiden Beinen fest auf den Boden, nimm eine entspannte Haltung ein und lass Deine Hände seitlich neben Deinem Körper hängen. Die Knie sind nicht ganz durchgedrückt und locker. Pendle leicht nach links, nach rechts, nach vorne und nach hinten, bis Du Deinen stabilen Schwerpunkt gefunden hast.

Schließe dann Deine Augen und stell Dir vor, wie Du durch den Kopf einatmest, der Atem dann durch Deinen Körper fließt und beim Ausatmen über die Füße in den Boden strömt. Mach diese Übung ein paar Minuten lang und fühle, wie Du mit der Erde verwurzelt bist.

So funktioniert die Gehmeditation: Anleitung für Anfänger

Spüre den Boden unter Deinen Füßen und nimm einen tiefen Atemzug. Konzentriere Dich ganz auf Deine Atmung und auf die Empfindung in Deinen Füßen. Senke leicht Deinen Kopf, sodass Du mit halb geöffneten Augen einen kleinen Sichtbereich rund um Deine Füße wahrnehmen kannst.

Verlagere dann das Gewicht Deines Körpers vom rechten Fuß auf den linken Fuß, sodass fast das ganze Gewicht auf dem linken Fuß ruht. Hebe nun langsam Deinen rechten Fuß an. Beginne mit der Ferse, dann folgt die Fußsohle und am Schluss die Zehen.

Setze den Fuß achtsam wieder ab, beginne dabei wieder mit der Ferse. Mach gleichmäßige, fließende Bewegungen. Dann verlagerst Du das Gewicht auf den rechten Fuß und wiederholst das Ganze, indem Du den linken Fuß langsam nach vorne bewegst.

Während der Bewegung nimmst Du jede kleine Veränderung Deines Körpers wahr. Beim Abheben des Fußes beobachtest Du, wie sich die Muskeln anspannen, beim Aufsetzen spürst Du die Temperatur und die Unebenheiten des Bodens an Deinen Füßen, bei der Gewichtsverlagerung fühlst Du, wie Dein ganzer Körper arbeitet, um das Gleichgewicht zu halten.

Atme dabei langsam und gleichmäßig und beziehe auch Deine Sinne mit ein. Genieße während der Meditation die Umgebung. Was kannst Du hier sehen, hören oder riechen? Lausche den Klängen der Natur und atme die frische Luft in Deine Lungen ein.

Achtsames Gehen in der Natur

Sei Dir Deiner Körperhaltung bewusst und überprüfe zwischendurch, ob Du mit den Gedanken noch bei Deinen Füßen bist. Wenn nicht, richte Deine Aufmerksamkeit wieder gezielt auf Deine Füße und den Atem, damit Du nicht in Gedanken abschweifst.

Du kannst das Tempo zwischendurch auch gerne variieren, schau einfach, was für Dich angenehm ist. Empfehlenswert ist es, in einem gemäßigten Tempo zu gehen und die Langsamkeit zu genießen. Sei dankbar dafür, dass Du gehen kannst, und genieße die Ruhe, die sich während des Gehens einstellt.

Versuche den gegenwärtigen Moment vollkommen zu genießen und alles, was Du gerade nicht brauchst, loszulassen. Fühle Dich wie der glücklichste Mensch auf der Welt, erfreue Dich daran, dass Du gehen kannst, und lächle.

Nach einer gewissen Zeit bleibst Du wieder stehen. Du kannst die Augen schließen und den Kopf wiederaufrichten. Spüre nach, wie sich Deine Füße jetzt anfühlen, und beobachte Deine Atmung. Am Schluss nimmst Du noch einmal einen tiefen Atemzug und öffnest dann Deine Augen.

Weitere Varianten der Gehmeditation

Gehmeditation ist eine Meditationsform, die bereits seit Jahrhunderten von unterschiedlichen Religionen und buddhistischen Schulen praktiziert wird. Es gibt sie daher in verschiedenen Formen und Traditionen.

Gehmeditation Varianten und Traditionen

Wir stellen Dir hier die 4 wichtigsten im Überblick vor:

  1. Theravada-Vipassana-Gehmeditation
  2. Kinhin-Gehmeditation im Zen-Buddhismus
  3. Gehmeditation nach Thich Nhat Hanh
  4. Waldbaden als achtsames Gehen

1. Theravada-Vipassana-Gehmeditation

Gehmeditation ist besonders im Theravada-Buddhismus eine zentrale Meditationstechnik. Meist legen die Mönche dabei eine Strecke von 10 bis 15 Metern zurück und laufen diese hin und her. Du startest am Anfang der festgelegten Strecke und beginnst wie oben beschrieben. Bevor Du nun aber Deinen Fuß hebst, sagst Du Dir innerlich bewusst „heben“. Nimm dann die schiebende Bewegung wahr, wenn Du einen Schritt tust und sage Dir beim Aufsetzen des Fußes „senken“.

Diese bewusste Abfolge wiederholst Du so lange bis Du am Ende der Strecke angelangt bist. Dann führst Du eine achtsame Drehung Deines Körpers durch, die Du ebenfalls gedanklich begleitest. Diese Technik lenkt Dein Bewusstsein aktiver auf die Bewegungsabläufe und macht es Dir leichter, wandernde Gedanken zurück in den Augenblick zu leiten.

2. Kinhin-Gehmeditation im Zen-Buddhismus

Auch in Zen-Buddhismus wird diese Meditation als Kinhin-Gehmeditation durchgeführt. Hierbei werden die Hände in shashu gehalten – die linke Hand ist zur Faust geformt, die rechte Handfläche bedeckt diese so, dass der rechte Daumen zwischen linkem Daumen und Zeigefinger liegt. Die so gefalteten Hände werden über dem Bauchnabel gehalten.

Koordiniere nun Atmung und Schritte so, dass Du mit jedem Atemzug (vollständiges Ein- und Ausatmen) eine Schrittlänge nach vorn schreitest. Typischerweise ist die zurückgelegte Strecke bei der Kinhin-Gehmeditation ein Kreis oder Rechteck. Konzentriere Deinen Geist auf die Verbindung von Atmung und Bewegung.

3. Gehmeditation nach Thich Nhat Hanh

Der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh praktizierte eine freiere Form der Gehmeditation, die er mit Affirmationen verband. Laufe dafür ganz entspannt und sei Dir einfach bewusst, dass Du gehst. Synchronisiere Deine Atmung locker mit dem Gehen, nimm die Erde unter Dir wahr und lasse Deine Gedanken hinter Dir. Genieße jeden Schritt und spüre die Dankbarkeit in Dir.

Wiederhole im Geist die folgenden Affirmationen:

  • Einatmen: „Ich bin angekommen.“, Ausatmen: „Ich bin zu Hause.“
  • Einatmen: „Im Hier.“, Ausatmen: „Im Jetzt.“
  • Einatmen: „Ich bin fest.“, Ausatmen: „Ich bin frei.“

4. Waldbaden als achtsames Gehen in der Natur

Waldbaden wird eine immer beliebtere Methode, um Stress abzubauen und die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Die Methode kommt aus Japan und ist achtsames Gehen im Wald, wobei Du alle Sinne einsetzt und bewusst im gegenwärtigen Moment bleibst. Sie ist aber nicht zu verwechseln mit einem normalen Spaziergang im Wald!

Gehmeditation zum Erden

Laufe dafür achtsam und langsam mit vielen bewussten Pausen zum Riechen, Hören, Sehen und Fühlen über den Waldboden. Mache immer wieder kleine Achtsamkeitsübungen und nimm zum Beispiel den Geruch von frischem Harz wahr, beobachte die Sonnenstrahlen in den Baumkronen oder fühle die Rinde eines Baumes.

Erweiterung für Fortgeschrittene: Gehmeditation im Alltag

Sobald Du die Meditation richtig beherrschst, kannst Du sogar an belebten Orten problemlos darauf zugreifen. Nutze Wartezeiten, um zu meditieren. Wenn Du das nächste Mal auf etwas oder jemanden warten musst, kannst Du die Zeit nutzen, um zu meditieren, ohne dass andere es bemerken.

Du kannst zum Beispiel am Bahnhof hin und her gehen und dabei drei Schritte lang einatmen, drei Schritte lang den Atem anhalten, drei Schritte lang ausatmen, drei Schritte lang den Atem anhalten. So kannst Du jede kleine Wartezeit nutzen, um Dich mit frischer Energie aufzutanken.

Positive Wirkungen der Gehmeditation auf Körper und Geist

Buddha fasste die Vorteile der Gehmeditation in fünf Punkten zusammen:

  1. bessere Ausdauer und Fähigkeit, längere Strecken zu Fuß zu gehen
  2. psychische wie körperliche Belastbarkeit und Fitness werden erhöht
  3. Prävention von Krankheiten und Förderung der Gesundheit
  4. Förderung der Verdauung und des Verdauungsfeuers Agni
  5. bessere Konzentrationsfähigkeit, die auch nach der Meditation anhält

Gehmeditation eignet sich besonders für Menschen, die im Alltag viel sitzen oder Meditationseinsteiger, die noch Schwierigkeiten haben, lange Zeit stillzusitzen. Auch Personen, die aufgrund von Erkrankungen oder Verletzungen der Wirbelsäule oder Knie Schmerzen beim Sitzen haben, profitieren vom achtsamen Gehen.

Insgesamt kannst Du mit dieser Meditationstechnik Deine körperliche, geistige und seelische Gesundheit verbessern. Sie hilft Dir, im Hier und Jetzt anzukommen, Gedankenkarusselle zu unterbrechen und gleichzeitig Deinen Körper sanft zu bewegen.

Das Gehen steigert außerdem die Sauerstoffaufnahme und kann bei Verdauungsstörungen helfen – die positiven Effekte halten auch nach der Meditation noch eine Weile an. Probiere es einfach selbst aus und profitieren von mehr Energie im Alltag!

Meditationsübungen für Einsteiger

6 beliebte Meditationsübungen für Einsteiger


Meditation ist im Ayurveda schon lange ein bewährtes Mittel, um gelassener und bewusster zu leben. Das Schöne daran ist: jeder kann meditieren lernen! Wir zeigen Dir hier ein paar einfache Meditationsübungen, in die Du als Meditationsanfänger hineinschnuppern kannst.

Teile diesen Beitrag

Pinterest
Facebook
Email
WhatsApp

Schreibe einen Kommentar

Autor

Picture of Elisabeth Mauracher

Elisabeth Mauracher

Inhaltsverzeichnis

Autor

Picture of Elisabeth Mauracher

Elisabeth Mauracher

Weitere
Beiträge

vogel icon
vogel icon